"Ein sauberes Fräulein bitte!"
Aktualisiert: 11. Sept. 2022
oder
"Eine freie Frau, bitte sehr!"

Als ich meinen Blog erschuf wusste ich, dass ein Thema ganz bestimmt und unbedingt von mir tänzerisch betrachtet und auch geteilt werden möchte.
Das Thema "Weiblichkeit" und "Frau-Sein" ist wie eh und je ein aktuelles und auch heiß diskutiertes Thema und wenn ich hier schreibe, dann sind es meine Erfahrungen und meine Wahrheit, die sich über die Bewegung und den Tanz ausdrücken möchten. So vieles wird über den Intellekt bearbeitet und die Körper dürfen oft so wenig dazu beitragen. Vielleicht ist genau das aber auch ein Thema, das untrennbar mit dem Weiblichkeitsbegriff verbunden ist.
Aber das sei hier mal so dahingestellt.
Ich wusste sofort, wie ich das Thema Weiblichkeit für mich tänzerisch ausdrücken möchte. Ich möchte in Schlamm baden. Ja genau, in Schlamm. Vielleicht runzelst du nun die Stirn oder denkst dir, das ist doch genau das, wofür Weiblichkeit oft gehalten wird, für unsauber und dreckig. Mag sein, dass dieser Irrsinn noch in einigen Köpfen herumspukt, vielleicht gerade deshalb, hat mich diese Idee so gefesselt. Ich bin und will kein "sauberes Fräulein" sein, noch steht es irgendjemandem zu mich so zu betiteln. Ich bin eine Frau. Und im besten Fall eine freie Frau. Ich habe das große Glück, diese freie Frau leben zu dürfen, zu können, mir sie einzugestehen..., denke ich.
Ich habe mir nun, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Schlammloch gesucht (es war nicht ganz so einfach) und in diesem Wasser-Erde Gemisch getanzt.
Es hat mich einiges an Überwindung gekostet, man soll sich doch nicht dreckig machen und sich eine weiße Weste erhalten. Ich dachte an Zuseher, an Spanner, an Menschen die vielleicht sogar gewisse Telefonnummern wählen, die mir helfen sollen und an zukünftige Arbeitgeber*innen und Arbeitspartner*innen, die wohl kaum mit so einem Weibsbild gemeinsame Sache machen wollen.
Was nicht alles in einem Kopf herumspuken mag ;)
Als ich mich dann schön langsam von meinem Kopfkino loslösen konnte, fühlte ich die matschige Erde unter mir. Ich liebe dieses Gefühl von Erde, Matsch und Wasser. Es gibt mir etwas Erdiges und ich fühle mich verbunden.
Während meines Tanzes konnte ich wahrnehmen wie viele Klischees und Verunsicherungen in mir und meinem Körper verankert sind. Mich mit Dreck zu beschmieren, meinen Körper zu berühren, dass rief schon einiges in mir wach - womit ich nicht gerechnet hatte. War ich doch eine emanzipierte und wache Frau!
Ich startete einen weiteren Versuch, dieses Mal in heimischen Gefilden, in meinem Garten.
Es machte definitiv keinen Unterschied.
Das was mich hemmte, war ja in mir und nicht um mich, etwas, was ich meinen Tänzerinnen immer wieder predige, egal ob jemand zusieht oder nicht, du bist es, der deine Hemmungen trägt. Natürlich ist das Setting nicht unwichtig, ein wertfreies und künstlerisch achtsames Umfeld hilft ungemein sich fallen zu lassen. Mich irgendwo mitten auf der Straße nackt auszuziehen (physisch oder psychisch) kann mich bei allem persönlichen Selbstvertrauen völlig aus der Bahn werfen.
"Mein Körper gehört mir und wenn ich ihn mit Dreck beschmieren will, dann soll das auch meine Sache sein"! Das dachte ich zumindest vor diesem Experiment. Was bleibt ist die Gewissheit, dass ich es noch einmal versuchen werde und ein klein wenig Traurigkeit, dass ich so vieles mit mir herumtrage, was uns Frauen kleinhält und dirigiert was wir wie mit unseren Körpern tun. Nichts Neues eigentlich, aber es in meiner eigenen, mir erarbeiteten Kunstwelt zu erleben, war keine feine Erfahrung. Aber das ist eben auch Tanz, Bewegung und Wahrnehmung, mal drüber nachzutanzen, Entdeckungen machen, Veränderungen einleiten. Nur wer wahrnimmt, kann auch verändern.
Man könnte hier nun natürlich sehr tief in dieses hochkomplexe Thema eintauchen, sich ihm vielleicht sogar tanztherapeutisch zuwenden, aber nichts von alledem war meine Intention. Ich wollte einen bewegten, künstlerischen Zugang zu meinem Weiblichkeitsbegriff erschaffen. Und der steckte nun mal einfach im Schlamm :)
Das Thema "Frau -Sein" ist unglaublich vielschichtig und vielleicht würde die ein oder andere einen ganz anderen Zugang wählen, vielleicht ein anderes Element wie Wasser, Feuer, die Luft, oder ein Körperteil, das Herz, den Bauch, das Becken, Begriffe wie Liebe, Kinder, vermeintliche Problemzonen, den Hüftspeck, die Stimme... Alles ist richtig.
Es gibt nun mal einfach nicht die eine Wahrheit -auch wenn das glaube ich, die schwerste Lektion des Lebens ist.
Ich für meinen Teil wünsche mir sehr, dass du frei bist, dich frei fühlst oder dich befreien kannst, aus allen Ideen, Gedanken, Mustern und Zwängen, die du mit Weiblichkeit verbindest die dich kleinmachen und festhalten und eintauchst in alle Vorstellungen, Bilder, Emotionen und Verhaltensweisen die dich aus dem Image des sauberen Fräuleins befreien - sofern du das möchtest. Vielleicht bist du gerade wie ich auf dem Weg -
TANZEN, AUSDRÜCKEN, da bin ich mir sicher, hilft hier ungemein.
"And in the end, she became more than what she expected. She became the journey and like all journeys, she did not end, she just simply changed directions and kept going."
R.M. Drake
Alles Liebe
Bianca
Sich dem Thema Weiblichkeit kreativ-künstlerisch nähern, ausarbeiten, hinsehen. Kreative Wege finden, das Thema zu beleuchten und mitzuteilen, auszudrücken, performen.
All das ist Teil meiner Idee von Kuns.T.anz.
Sollte dich meine Vision inspirieren und du möchtest gerne ausprobieren, wie es ist sich tänzerisch-kreativ Themen zuzuwenden, schreib mir gerne.
Ich freue mich über dein Interesse.