"Tanzen ist malen mit den Füßen"
Aktualisiert: 11. Sept. 2022
Spotlight Pinseltanz

Dieses schöne Zitat habe ich in meinen kreativen Kindertanzkursen tatsächlich wörtlich genommen.
Ich selbst liebe es mit Farben zu experimentieren und meinen Körper als lebensgroßen Pinsel über eine riesen Leinwand zu jagen. Aus dieser großen Pinselleidenschaft entstand eine kleine Bewegungserforschung und in weiterer Folge eine kleine Tanzimprovisation, die ich schon mit Kindern ganz unterschiedlichen Alters und Entwicklungsstandes sowie tänzerischen Vorkenntnissen durchgeführt habe.
Ziel dieser Übung und tänzerischen Weiterentwicklung des Bewegungsvokabulars ist es nicht nur sich spontan, bewegt auszudrücken, sondern vielmehr auch den Parameter "Raum" spielerisch zu entdecken und kreativ zu beleuchten.
Kurzer Exkurs was ich denn mit Parameter "Raum" meine. Es würde zu weit ausholen was genau alles in der Bewegungs- und Tanzpädagogik darunter zu verstehen ist, es sei nur soviel gesagt, dass ein ganz wesentlicher Tanzpädagoge und -forscher Rudolf von Laban, diesen Parameter, der noch heute nicht aus dem Tanz (Performance, Pädagogik und Therapie) wegzudenken ist, geprägt und nachhaltig in jeden fundierten Tanzunterricht eingebettet hat.
Wir sprechen von allgemeinem und persönlichem Raum (Kinesphäre), direkten und flexiblen, also geschwungenen Raumwegen, von Kreisen, Linien, Diagonalen. engen und weiten Bewegungen, unterschiedlichen Raumebenen (Tief, Mitte, Hoch) und wir bewegen uns von unserer Mitte in den Raum oder umgekehrt.
Also "Raum" bedeutet in der Bewegungsprache eine ganze Menge :)
Wie also kann ich mit Kindern diesen reichhaltigen Parameter erkunden?
In meinem Pinseltanz ging es mir allen voran um die Raumrichtungen (vor, rück, seitlich, diagonal), die Art wie wir uns im Raum bewegen (flexibel, direkt) und die Raumebenen (Hoch, Mitte, Tief).
Natürlich ist viel mehr angesprochen als der Parameter Raum, aber in meiner heutigen Ausführung liegt der Fokus klar auf dem räumlichen Prinzip der Bewegung.
Nach der Einleitung und verbalen Hinführung zum Thema, habe ich allen meinen Kindern einen dicken Borstenpinsel in die Hände gegeben. Nun ist natürlich zu beobachten, dass Kindern zuerst mit dem Material in Kontakt treten. Dies ist unbedingt zu unterstützen, die sinnliche Wahrnehmung einzuladen (wie fühlt der Pinsel sich an, macht er Geräusche, wie fällt er zu Boden etc...) und die Kinder einfach mal machen zu lassen.
Nach dieser ersten Kennenlernphase gehe ich mit den Kindern in den Dialog: "Was kann denn der Pinsel alles? Wie kann er sich auf dem Blatt bewegen?" (unser Blatt ist der große Bewegungsraumboden)
Hier die Ideen der Kinder aufgreifen und evtl. ausprobieren. Kann ein Pinsel wirklich einen Propeller malen usw...
Früher oder später wird aber ein Strich und ein Kreis kommen. Wir probieren dies alles aus. Ich habe noch das Tupfen/Punkte dazugenommen und das Zickzack oder "Kritzikratzi" wie die Kinder es gerne benennen.
In einer weiteren Phase geht es dann schon um das bewegte Umsetzten. Hier bleibe ich gerne bei spezifischen Körperteilen, um nicht zu viel auf einmal einzuladen. Fragen wie: "Wie könnte es denn aussehen wenn meine Hand einen Strich malt?, mein Ellenbogen, mein Knie." "Wie sieht denn das Tupfen mit dem Bauch aus? "
"Wie kann mein Körperpinsel im Sitzen tupfen (tiefe Ebene) im Stehen (mittlere Ebene), geht das auch mit einem Sprung, oder kann man die Luft hoch oben betupfen (hohe Ebene)?" "Ich kann einen sehr geraden Strich zeichnen (direkter Raumweg), geht es auch eine gewundene Linie zu zeichnen (flexibler Raumweg)?" "Kann mein Ellenbogen genauso gerade Striche malen wie meine Nase?" Usw.
Das Material Pinsel ist nun bereits auf der Seite liegend, da wir selbst immer mehr und mehr zum Pinsel geworden sind.
Nun kann in eine freie Tanzimprovisation übergegangen werden. Wir alle sind Pinsel und malen nun den großen, leeren Raum aus.
Wir benutzen dabei ganz viele Striche, Kreise, Punkte/Tupfen, und Zickzacklinien. Mal sehen was daraus wird.
Hier kann man nun Impulse geben, welcher Pinselkörperteil im Fokus der Tanzimprovisation steht und sukzessive nicht nur das imaginäre Blatt am Boden, sondern der ganze Raum angemalt wird, um die unterschiedlichen Raumebenen besser einzuladen. Bewegungskanon und Bewegungssequenzen können so erarbeitet werden und auch für eine kleine Gestaltung oder Choreografie genutzt werden.
Musikalisch bleibe ich sehr offen und schlage nicht zu sehr in eine Tanzrichtung bzw. Musikrichtung ein. Ich benutze hier sehr gerne Musik von Rene Aubry, aber das ist Geschmackssache.

In meinem Tanzkoffer habe ich immer auch noch Kärtchen mit Symbolen (Strich, Tupfen, Zickzack und Kreis). Hier kann man spielerisch mit den Karten Bewegung und die räumlichen Prinzipien einladen und vertiefen.
Zum Beispiel:
In jeder Ecke ein Kärtchen und dort wird je nach Karte getanzt.
Stopptanz mit Kartenimpulsen (wie Ampelspiel)
Eine kleine Chorografie wird am Boden gelegt und ein*e Choreograf*in gibt uns an in welcher Qualität wir uns bewegen.
Gruppe A tanzt direkte Striche, Gruppe B flexible. Beide Gruppen bewegen sich nacheinander und/oder miteinander, dann folgen die Kreise (eng/weit), Tupfen am Platz (persönlicher Raum und Tupfen von einem Fleck zum anderen so weit voneinander entfernt wie möglich)....
und, und, und
Man kann sich mit diesem Prinzip auch noch in andere Parameter vertiefen, beispielsweise in die Dynamik, ist der Strich recht dick oder sehr dünn, wie würde ich das in Bewegung umsetze (Beispiel kräftig tanzen und zart), oder wie ist es wenn sich der Strich und der Kreis treffen und miteinander tanzen (Parameter Beziehung), ist das Kritzikratzi eher eine schnelle Bewegung? Wie würde das Kritzikratzi aussehen wenn wir es ganz langsam tanzen (Parameter Zeit)...
Meistens lasse ich zum Abschluss der Stunde oder des thematischen Schwerpunktes die Kinder ein tatsächliches Bild malen und die Tupfer, Kreise, Linien und Zickzacks sichtbar aufs Papier bringen. Das findet nicht nur einen schönen thematischen Abschluss, sondern macht sichtbar an was wir körperlich gearbeitet haben.
Natürlich gibt es hier viele, viele Möglichkeiten des Weiterspinnens, Weiterentwickelns und Weiterdenkens - dass ist ja gerade das Schöne an kreativer Arbeit, es gibt nicht nur ein "so soll es sein", sondern Variationen um Variationen. Man kann sich nehmen, was man braucht.
Viel Spaß beim Erwecken des eigenen Körperpinsels (funktioniert als Erwachsener ebenso gut ;) )
Falls du Pädagogin/Pädagoge bist und in deiner Schule oder deiner Kindertagesbetreuungseinrichtung gerne etwas Bewegung und Tanz in deine Bildungsarbeit einbauen möchtest, kontaktiere mich gerne - ich gebe wertvollen tanzpädagogischen Input.
Übrigens bin ich auch MITGLIED VON AVOS GESUNDE SCHULE/GESUNDER KINDERGARTEN.
Bei Interesse sprich mich gerne darauf an.
Und solltest du gerne ein gemeinsames Pinselbild gestalten, dann schau gern bei meinen Kursen vorbei.
Alles Liebe Bianca