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VON DICKEN KÖNIGSBÄUCHEN UND TIEREN IM ZAUBERTRANK

Aktualisiert: 11. Sept. 2022

SENSIBLER UMGANG MIT SPRACHE IN DER TANZPÄDAGOGIK

Sprache ist etwas sehr schönes. Ich liebe den feinen, differenzierten Ausdruck den sie uns ermöglicht, die schnelle Mitteilsamkeit und die Zugehörigkeit die sie schafft. Dennoch ist Sprache eben "nur" ein Ausdrucksmedium von vielen - wie ja die meisten die meine Blogartikel lesen wissen, ist meine liebste Kommunikationsform die Bewegung und der Tanz. Nichtsdestotrotz braucht es natürlich auch in meinem Berfusfeld die verbale Sprache, die Anleitung, die verbale Kommunikation.

In den letzten Jahren ist die Bewusstheit im Bezug auf den Umgang mit sensibler Sprache und offener, neutraler und gleichberechtigter Kommunikation rasant gestiegen.



Zugegeben, es ist gar nicht so einfach sensibel mit Wort und Schrift zu sein. Bei all den Personen, Gruppen, Zugehörigkeiten, Nationalitäten, Religionen usw. immer neutral, inkludierend und sensibel zu sein braucht viel Feingefühl, Aufmerksamkeit und Reflexion.

Manchmal nervt es mich auch. Ganz ehrlich. Auch wenn ich ein sehr aufmerksamer und sensibler Mensch bin, empfinde ich es oft als mühsam. Ich weiß, das polarisiert hier möglicherweise, aber oft habe ich das Gefühl der Mensch geht bei dieser ganzen Rechthaberei verloren - aber das ist nur meine Sicht der Dinge (die ja durchaus für manche eingeschränkt sein kann und mit Sicherheit persönlich gefärbt ist ;) )


"Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken"

Samuel Johnson


Nun zurück zu meiner Berufstätigkeit, dem Tanzunterricht.

Das in meinen Augen essenzielle einer jeden pädagogischen Tätigkeit ist immer wieder seine Angebote, seine Sprache, seine Impulse und in meinem Fall auch die angebotene Musik zu reflektieren. Und allen voran, zuzuhören und sich selbst, seine Werte und seine Vorgehensweise genau zu evaluieren.

Nicht immer, aber immer wieder.

Es braucht Lernbereitschaft und den Willen auch unschöne Dinge zu hören /sehen, um sich und seine Angebote daraufhin zu verändern.

Ganz deutlich wurde mir mein lässiger Umgang mit Sprache in meinen Angeboten in zwei unterschiedlichen Settings im Rahmen meiner tänzerischen Früherziehung.


Unterschiedliche Bewegungsqualitäten zu erforschen, Bewegungen durch Parameter des Tanzes immer tänzerischer und künstlerisch-kreativ werden zu lassen und so differenziert den Bewegungsradius zu erweitern, ist meine Basis und gleichzeitig mein Ziel. Hierfür nutze ich vielfälltiges Bewegungsangebot, dargereicht über Spiele, Mitmachlieder, Technikelemente, freier und gebunder Tanz, Tanzreime uvm.

Viel Fachliteratur ziert meinen Tanzraum und ich nehme mir immer wieder Impulse aus jenen, um meine Spiele und Angebote an mein jeweiliges Setting und an die Kursgruppe anzupassen,

Ein Spiel, dass schon recht lange in meinem Repertoire ist, habe ich aus einem dieser Bücher entnommen. Es ist ein etwas älteres! Buch und hat viele tolle Ideen.

Das Spiel von dem hier die Rede sein soll heißt: "König Dickbauch und Prinzessin Federleicht".



Ziemlich stereotyp, ich weiß, aber es scheint dienlich, wenn man zwei unterschiedliche Qualitäten des Spannungsfeldes Dynamik (kräftig, schwer und leicht und zart) erproben möchte.

Beim letzten Einsatz dieses Spieles ist mir erst bewusst geworden, wie schrecklich unpassend ich die Formulierung des dicken Königs finde.

  1. Tanzen die Kinder mit dicken Bäuchen (meist in der 1. Armposition des klassischen Tanzes - für alle die nicht wissen was damit gemeint ist - die Arme werden rund vor der Körpermitte gehalten, als ob ein großer Ball getragen wird) und bewegen sich von rechts nach links wankend. Nicht wirklich Bewegungsmaterial, dass Erweiterung und Raum für Erprobung zulässt.

  2. Wird die Bewegungsqualität schwer und kräfig nicht wirklich gut dargestellt und nicht im vollen Radius ausgeschöpft, da es hauptsächlich um den dicken Bauch des Königs geht. Also eigentlich wird mein Ziel mit diesem Spielimpuls eher verhindert als gefördert.

  3. Es ist einfach diskriminierend Menschen gegenüber, die aus persönlichen, gesundheitlichen oder anderwertigen Gründen nicht astralschlank sind und somit ein falsches Bild über Körperformen aufrecht gehalten wird - die Werbung und einige Social Media Plattformen schaffen das auch ganz alleine.

  4. Sprache wirkt! Was möchte ich über meinen tänzerischen Input hinaus weitergeben? Denn das tun wir Pädagogen/-innen zweifeslohne. Welche Werte vermittle ich über mein Tanzangebot?

Wie kann ich nun dieses Dilemma für mich lösen, denn die Kinder lieben das Spiel sehr? Hier war meine Überlegung den König umzunennen, wenn man bei diesem Spielprinzip bleiben möchte. König Schwerfuß, König Schwer und Fest, König Kräftig...

je nach dem welcher Dimension man sich mehr zuwenden möchte. Vielleicht hast auch du noch Ideen, dann schreib sie mir gerne.


Ich weiß, vielen ist auch das Thema Prinzessin und König schon ein Dorn im Auge, aber ich denke, solange man auch vermittelt, dass Prinzessinnen nicht immer nur brav, angepasst und allenvoran schön sein müssen und Könige nicht immer nur dick, machthungrig und alt (und alles was dir hier noch so einfällt), ist es ok diese Bilder zu verwenden.

- Ein Gedanke noch zu Bildern die als Vorgabe/Idee dienen können: alles hat eine Bedeutung für uns Menschen, das macht uns unter anderem auch zu einem Menschen, das wir etwas, jemandem, Umständen Bedeutung geben, ganz individuell und persönlich. Es wird also kaum ein Bild geben, dass keine Bewertung, keine Bedeutung für dich hat. Es ist wichtig sensibel mit Themen umuzgehen, aber mir einen Knoten ins Hirn machen zu lassen, weil ich nichts mehr sagen darf, weil alles irgendwie irgendwen oder -was betroffen macht, dem stehe ich sehr kritisch gegenüber. Es sind immer noch WIR SELBST, die etwas, jemandem, Umständen Bedeutung geben, da muss auch die Eigenverantwortung her. Bei Kindern allerdings, sehe ich mich sehr wohl in der Verantwortung, meine Wortwahl und meine Bilder die ich zur Verfügung stelle zu überprüfen und entsprechend anzupassen.

Ein weiteres Mal ist mir der Umgang mit Sprache in meinen Tanzkursen nachhaltig bewusst geworden, als mich ein Junge mit Tränen in den Augen darauf aufmerksam gemacht hat, dass er nicht möchte, dass wir Tiere in den imaginären Topf unseres Zauberertreffens werfen.

Nun muss ich sagen, das hat mich wirklich getroffen, bin ich doch eine absolute Tierschützerin und Tierliebhaberin und finde den Umgang mit Tieren, der Natur und unserem Essenskonsum einfach nicht richtig - aber auch hier, das kann polarisieren und ist meine Meinung.

Und es hat mich getroffen, weil ich selbst immer ein eher ungutes Gefühl hatte, den Zaubertrank zu brauen und wie in den meisten Büchern auch verwendet, unterschieliche Tierteile in den Trank zu geben (Mäuseohren, Hasenschwänze, Fledermausaugen...). Ich habe mich bei diesem sensiblen Jungen entschuldigt und wir haben versucht Dinge zu finden, die wir in den Zaubertrank werfen können, die nicht tierischer Form sind. Das war nebenbei erwähnt eine ganz tolle, kreative Erfahrung, denn es ist den Kindern laaaange nichts eingefallen, schlussendlich hat es aber Spaß gemacht kreativ zu sein.


Wie ihr vielleicht am letzten Beispiel sehen könnt, sind es natürlich meine Werte und Bewertungen die das Thema Tiere im Zaubertrank vor allem gefärbt haben. Es ist möglicherweise ein Bild, dass für viele völlig normal und absolut nicht verwerflich ist, für mich aber, ist es das, weil es für mich nicht stimmig ist. Es ist also nicht an mir alle zu verteufeln die das tun, sondern meine Sprache zu reflektieren und sie zu verändern - so viel zur Eigenverantwortung im Umgang mit Bildern und bewegter Imagination.


Warum schreibe ich das hier alles? Sicherlich nicht um dir zu zeigen wie toll, unfehlbar oder pädagogisch wertvoll ich bin ;)

Eigentlich schreibe ich das, weil ich eben nicht ohne Makel bin, nicht die "perfekte" Pädagogin, nicht die Schlaue die einen Blog betreibt.

Ich bin ganz und gar menschlich. Aber ich möchte aufmerksam machen auf die verwendete Sprache, vor allem auch in meinem Berufsfeld. Nicht immer sind alle Spielvorschläge noch zeitgemäß, es braucht Adaption, Reflexion und einen bewussten Umgang mit unseren Werten. Sie müssen klar sein. UND sie können bei jedem anders aussehen. Dann steht einer sprachlich- tänzerischen Reise nicht mehr viel im Weg, außer vielleicht eine C-Pand...., nein, ich schmeiße diesen Schenkelklopfer nun nicht raus - Sprache ist ja bekanntlich mächtig! Und die nonverbale Sprache ebenso :)


The most important thing in communication is hearing what isn’t said.

Peter f. Ducker


Ich freue mich wenn du mir deine Meinung zum Thema Sprache und sensiblem Umgang mit Bildern in der (Tanz)Pädagogik mitteilst und ein feiner und wertschätzender Diskurs entsteht.


Mit viel Freude am Ausdruck


Bianca

 

Hast du schon meinen Blogbeitrag zum

Thema Hemmungen sich tänzerisch Auszudrücken gelesen? Vielleicht motiviert er dich in die Welt der nonverbalen Kommunikation einzusteigen.

Hier gehts zum Blogbeitrag:







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