Zauberkisten mit Bewegungsschätzen
Spielerisch mehr Bewegungsvokabular
Im heutigen Spotlight steht ein kleines Improvisationsspiel, dass ich sehr gerne mit Kindern ab 6 Jahren erarbeite und spiele. Es ist durchaus möglich das Spiel auch mit 5jährigen zu spielen, meiner Erfahrung nach braucht es hier aber schon eine gewisse Bewegungsbasis und Bewegungsphantasie, die vielleicht in diesem Alter noch zu erarbeiten ist.
-> Eine Idee dieses Spiel den Kleinsten zugänglich zu machen ist sicher die
spezifischere und engere Vorgabe der Improvisationsaufgabe.
Das Spiel kann ich variieren, öffnen oder komprimieren wie es gerade für die Sozialform und Entwicklungsstand der Gruppe passend ist. Ich führe diese Übung noch mit 10-Jährigen durch.
Ich nenne dieses Spiel gern das "Dekospiel", aber natürlich sind hier der Phantasie keine Grenzen gesetzt.
How it works:
Die Kinder teilen sich selbst zwei Gruppen zu. Das geht ganz schnell, wenn ich z.B. die Spielgelseite als die Erdbeeren und die Gegenseite als Orangen, oder Grashalme und Eichenblätter usw. benenne und die Kinder eine Seite wählen. (Auch hier kann man natürlich die Seiten so benennen wie es dem Interesse der Kinder am meisten entgegenkommt - ich persönlich versuche hier auf klassische Tanz -Stereotypen zu verzichten (Prinzessinnen und Königinnen, Ballerinen blau und Ballerinen rot, Feen, Schmetterlinge, Federn usw.) da ein phantasievoller Gedankenprozess durch die nicht ganz so gängigen Bewegungsbilder angestoßen wird, und ich so schon etwas auf das Kommende vorbereiten kann.
Wie sich wohl eine Erdbeere oder ein Grashalm bewegen könnten - welches Bild oder Bewegung hast du gerade im Kopf ;) ??)
Wichtig ist, dass sich die Kinder in einer Gasse, die sehr viel Raum zwischen den einzelnen Partnern lässt, aufstellen.
Die Kinder an der Spiegelseite oder einer Seite des Raumes haben vor sich eine riesengroße, imaginäre Schatzkiste, in der allerhand Schätze, Materialien, Dekoelemente, kurzum Dinge verborgen liegen, die nur darauf warten unseren Tanzsaal zu verschönern. Jedes Kind nimmt sich ein Ding aus der Dekokiste und tanzt es zur Partnerin.
In der Kiste befinden sich schwere Dinge, große und kleine. Winzige, freche und hüpfende, rollende, Dinge, die nur mit dem großen Zeh weiterbefördert werden kann, mit Drehungen oder Jetés. Dinge, die fein und zart sind, die von oben nach unten und im Zickzack bewegt werden.
Wie du vielleicht merkst, geht es mir hier darum ganz unterschiedliche Bewegungsqualitäten ganz spielerisch zu erforschen, zu entdecken und auszuprobieren und dabei möglichst den ganzen Körper bewegt zu erkunden. Leichte und zarte Gegenstände werden anders transportiert und vertanzt als schwere, eckige, kratzige und extrem lange. Bei manchen Gegenständen brauche ich ganz gezielt eine bestimmte Muskelgruppe und die Feinmotorik wird besonders geschult, bei manchen geht es mehr um die Dynamik und den Flow.
Das Gegenüber darf hier genau beobachten und versuchen den Gegenstand dann in derselben Qualität in den Raum tragen/tanzen, um ihn so zu dekorieren. Es geht dabei nicht darum dieselbe Bewegung nachzuahmen (zu Beginn wird das aber definitiv passieren), sondern um die Qualität zu erkennen und in der eigenen Variante umzusetzen. Das allerdings braucht Übung ;)
Variationen und weiterführende Gedanken
Hier jetzt mögliche Impulse zu Durchführung mit kleineren Kindern: Ich könnte mir vorstellen, dass sich in der Dekokiste z.B. nur schwere und leichte Dinge befinden, oder nur sehr große oder sehr kleine, um die Fülle an Möglichkeiten und die damit verbundene Überforderung zu umschiffen. Mit der Zeit kann die Übung immer offener und reichhaltiger gestaltet werden und mehr in die

Abstraktion hineingearbeitet werden. Daher bietet sich das Spiel auch als altersoffen an. (Ich hab es auch schon mit Erwachsenen gemacht - hier geht es dann aber um die Qualität und nicht um den Dekogegenstand der "getragen" und dekoriert wird). Eine verbale Anleitung ist mMn sicherlich hier auch nützlich, wenngleich es sehr spannend zu beobachten ist, wenn nur über die Körpersprache agiert wird,
Vielleicht hast du nun Sorge, dass das Spiel zu sehr in die Pantomime bzw. Schauspielerei abrutschen mag.
Nun, ich persönlich finde, dass ein Funke Schauspielerei dem Tanz sicher nicht schadet, sondern sogar fördern kann.
Keine Sorge!
Grundsätzlich kann ich sagen, dass die Abstraktionsfähigkeit natürlich mit dem Alter und dem damit einhergehenden kognitiven und motorischen Reifungsprozess zunimmt. Einem Kind zu sagen es soll sich wie eine Feder bewegen, ohne dass es ich in eine Feder verwandelt und diese Feder dann IST, würde das Kind überfordern. Es geht in dieser Übung im allerersten Moment darum den eigenen Bewegungsradius zu erweitern und Bewegungsqualitäten, welche die Grundbasis des Tanzes darstellen auf spielerische Art und Weise kennenzulernen (allen voran Zeit, Kraft, Raum, Form, Fluss), um sich zu spüren, kreativ zu sein und Tanz spielerisch und mit Freude kennenzulernen.
Mit zunehmendem Alter kann man versuchen zu abstrahieren und, um bei dem Beispiel der Feder zu bleiben, die Leichtigkeit, das Wiegende hin und her, das Lautlose, Zarte als Qualität in die Bewegung zu übernehmen, ohne die Feder zu sein (Sehr interessant wird das dann bei Tieren, vielleicht ist dir hier schon aufgefallen, dass Kinder sich nicht schlängelnd bewegen, sondern die Schlange sind.)
To keep a long story short - hier die Ziele und Benefits des Spiels
Regt das Dekospiel die Phantasie und im speziellen die Bewegungsphantasie an
Das Bewegungsvokabular und der Bewegungsradius vergrößern sich
"Basistechnikelemente" des Tanzes wie Raum, Zeit, Kraft, Form, Fluss und Beziehung werden spielend erarbeitet und das Verständnis dafür geebnet
Improvisationsspiele geben Freiheit und gleichzeitig Struktur (wenn sie gut angeleit sind) -zwischen kognitiv anstrengenden Übungen eine gute Möglichkeit wieder Räume zu öffnen, Kreativität einzuladen.
Kann ich als Lehrperson hier sehr viel beobachten und für die weitere Planung mitnehmen. Fragen wie: werden unterschiedliche Qualitäten genutzt, sind einzelne Bewegungen dominant? Werden verschiedene Körperteile genutzt? Kann die Qualität gut dargestellt werden? Kann sie gut übernommen werden?können die weitere Planung von Inhalten bereichern.
Unterschiedliche Bewegungsqualitäten kennenlernen, erforschen und sukzessive abstrahieren lernen.
Der Wechsel der Sozialform (von Gruppe zu Partnerarbeit), kann für viele Kinder Klarheit und Struktur geben, sowie das soziale Miteinander noch einmal auf eine ganz andere Weise unterstützen. Wie gebe ich Impulse weiter, wie kommuniziere ich mit meinem/er Partner/inn.
Mein Musiktipp: Ich wähle immer eher atmosphärische Musikstücke aus, um die Übung möglichst offen zu halten und nicht durch Tempo, Musikstil und Rhythmus zu viel in eine Richtung zu lenken.
Solltet ihr Lust haben dieses Spiel oder eine Variante davon durchzuführen, lasst mich gerne wissen, wie es euch ergangen ist und wie das Feedback eurer Tanzgruppe war. Ich würd mich freuen!
Alles Liebe
Bianca
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Ein weiterer Spielimpuls im Spotlight

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Dehn- oder Cool-down-Spiel, dass ich gerne mit Kindern bis zum 7 Lebensjahr durchführe. Meiner Erfahrung nach haben es besonders die Kleinsten geliebt und konnten gar nicht genug von Fiona und Flora haben.
